Hesekiel 37, 24 - 27 - sein Volk an der Krippe - kloster-hachborn.de

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Heilig Abend, Christvesper - Hesekiel  37, 24 - 27 -  sein Volk an der Krippe

Sie sollen mein Volk sein und ich will ihr Gott sein.
24 Und mein Knecht David soll ihr König sein und der einzige Hirte für sie alle. Und sie sollen wandeln in meinen Rechten und meine Gebote halten und danach tun.
25Und sie sollen wieder in dem Lande wohnen, das ich meinem Knecht Jakob gegeben habe, in dem eure Väter gewohnt haben. Sie und ihre Kinder und Kindeskinder sollen darin wohnen für immer, und mein Knecht David soll für immer ihr Fürst sein.
26Und ich will mit ihnen einen Bund des Friedens schließen, der soll ein ewiger Bund mit ihnen sein. Und ich will sie erhalten und mehren, und mein Heiligtum soll unter ihnen sein für immer.
27Ich will unter ihnen wohnen und will ihr Gott sein und sie sollen mein Volk sein,

Geliebte weihnachtliche Christengemeinde,
schön, dass sie wieder da sind wie alle Jahre. Die Welt  ist nicht untergegangen, weder nach dem Mayakalender noch nach anderen Weltuntergangspropheten. Ich hoffe dazu, dass sie auch in ihrer Familie keinen Weltuntergang erlebt haben, sondern nur die üblichen Krisen.
Aber selbst wer eine Trennung besingt mit den Worten: "Da gehst Du davon, als wär nichts dabei, nur die Welt bricht entzwei" -  zu ihm ist heute der himmlische Engel gesandt und verkündet gerade ihm: „Fürchtet dich nicht! Siehe, ich verkündige dir große Freude, die allem Volk widerfahren wird, ... dir ist heute der Heiland geboren“.
Bei "allem Volk" denke ich an sie, die sie heute wieder hier sind in all ihrer Verschiedenheit: die Alten und Jungen, die Unglücklichen und die Glücklichen, die Erfolgreichen und die Gescheiterten  und all die vielen dazwischen, die das Wechselspiel von Sieg und Niederlage nur zu gut kennen.
Manche von ihnen  sind als gute Weihnachtschristen in großer Treue seit vielen Jahren da, andere heute vielleicht zum ersten Mal. Ihnen allen wünsche ich, dass sie ihm begegnen, dem Weihnachtsengel, der sie einführt in die große Lebensfreude; der sie zusammenführt im  Stall der Heiligen Familie in ihrer Unterschiedlichkeit, ja manchmal Gegensätzlichkeit. Sollten sie eher aus dem Milieu der Weisen und Könige kommen, so wünsche ich ihnen, dass sie  auch Ochs  und Esel ertragen können. Ihnen, den Hirten in prekären Arbeitsverhältnissen  wünsche ich, dass sie den Ausländern aus dem Morgenland mit Toleranz begegnen können. Möge der Weihnachtsengel ihnen tiefen inneren Frieden schenken.
Auch der König Herodes gehört  zum Volke Gottes, der zynische Politiker mit  Mordgelüsten.  Er, der Angst hat um seinen Thron. Auch ihm verkündet der Weihnachtsengel: "Fürchte dich nicht". Ob er es hören kann?
Ich ahne, welche Last mancher einzelne heute mit sich bringt, wie viel Schweres sich da auf die Seele gelegt hat.  Ich wünsche ihnen, dass Sie die Weihnachtsbotschaft hören können:  "Fürchte dich nicht ..."
Für sie, die Mühseligen und Beladenen ist der Predigttext dieses Abends  einst geschrieben worden. Es ist ein Hoffnungswort für Menschen in  dürrem Land. Da ist kein Stern, kein Licht in der Nacht. Wer so  in der  Depression sitzt, darf diese Worte getrost  als Verheißung  an ihn  hören.
Für  andere, vielleicht die meisten von uns,  sind es Worte, die sich schon erfüllt haben, und heute bringen wir unseren Dank.
Die Bibel erzählt mit solchen Worten von der großen, über viele Generationen hin unerfüllten Sehnsucht: endlich  in Frieden in einer Heimat leben zu können, ohne Angst vor Vertreibung; Häuser zu bauen, um darin zu wohnen, Bäume zu pflanzen und ihre Früchte zu ernten, Heiligtümer zu errichten, Tempel, Kirchen, Synagogen, Moscheen oder andere Gemeinschaftshäuser, die nicht wieder niedergebrannt oder zerbombt werden.
Viele Generationen haben sich vergeblich danach gesehnt - wir haben es in unserer Zeit nun erlebt. Ich weiß nicht ob es auf ewig ist, aber es sind schon mal  67 Jahre, fast ein Menschenleben lang:  Frieden in unserem Land. Das ist etwas wirklich Großartiges. Machen wir es nicht klein. Lassen wir auch nicht zu, dass es von anderen klein gemacht wird. Geben wir Gott in der Höhe die Ehre für diesen Frieden auf Erden.  Mit Orgel und Gesang, mit Hörnern und Trompeten: Gott sei Lob und Dank.
Nicht nur in Europa, auch weltweit war das Risiko durch kriegerische Ereignisse sein Leben zu verlieren noch nie so gering wie in diesem Jahr - sagt die Statistik. Noch nie war die Wahrscheinlichkeit, durch Terror oder Kriminalität ums Leben zu kommen so gering  wie heute. Nur die Berichterstattung  durch  Presse, Fernsehen und das Internet verzerrt das Bild.
Auch unsere freie Presse ist ja nur bedingt frei. Sie unterliegt den Marktgesetzen. Nachrichten müssen verkauft werden.  Da gilt  dann: "schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten".  Die Hölle lässt sich immer noch besser vermarkten als der Himmel. Wir sind betroffen von Amoklauf in einer Schule in den USA.  Wir lassen uns berühren von Kriegen und Erdbeben in Ländern, von denen man vor 200 Jahren kaum wusste, dass es sie überhaupt gibt.  Aber nehmen wir auch das Gute und Gelingende wahr, all das was uns so viel Grund zur Lebensfreude gibt?

„Und die Klarheit des Herr leuchtet um sie“, wird  in der Weihnachtsgeschichte berichtet als der Engel zu den Hirten tritt. Aufklärung, der nüchterne Blick auf die Dinge so wie sie sind  –das gehört zum Wesen des christlichen Glaubens.
Keine Schönfärberei aber auch kein Schwarzmalen. Im Lichte dieser himmlischen Klarheit entdecken wir wohl auch fürchterliche Dinge, aber uns wird  zugleich der Mut geschenkt, die Angst auszuhalten und die nötigen Schritte in die richtige Richtung zu gehen.
Es gelingt  ja auch soviel hier bei uns, in unserem Ort in unseren Familien,  in der Stadt und auch in der Kirche - Gott zum Lob.  Da sind  Kinder, manche noch in Windeln gewickelt, die sich prächtig entwickelt.

Manche Ältere sagen: die Kinder lernen heute nichts mehr. Andere fügen noch hinzu, die Jugend benimmt sich nicht und hat keine Moral mehr. Eine ähnliche Kritik findet sich allerdings schon bei dem Philosophen Sokrates vor 2400 Jahren. So hat schon immer die eine Generation über die andere geredet  Es stimmt aber heute weniger denn je. Noch nie hatten wir so viele Studenten und so viele  gut ausgebildete junge Leute. Das sagt nicht nur die Statistik, das höre ich auch, wenn ich in die Familien gehe  und die Großeltern mit Stolz erzählen was die Enkel machen.
Einer sagt „Wir hatten ja nur Volksschule, aber die studieren jetzt." Ein anderer erzählt: "Ich bin ja kaum aus Wachenbuchen rausgekommen, aber der eine Enkel  ist in Japan, der zweite in Amerika, und die Tochter in Russland."  Soviel Gutes, soviel Kluges – das ist die Regel. Gott sei Dank.
Im Blasorchester macht diese Jugend hervorragende Musik, bei den Turner eine überzeugende Show. Sie löschen bei der Feuerwehr, spielen Fußball, machen Theater, die Sport und Kulturgemeinschaft blüht.

Nur die Schule hat es in den letzten Wochen etwas übertrieben. Ich sage das, was mir aufgefallen ist,  mal so:
Liebe Lehrer unter uns. Ich weiß, es ist dieses Jahr ganz schwierig, die Adventszeit ist kurz, die Weihnachtsferien beginnen spät und  sie enden im Januar kurz vor den Zeugniskonferenzen. Aber dass in der letzten Woche vor Weihnachten an manchen Schulen dann noch bis zu 5 Arbeiten geschrieben werden,  muss das denn wirklich sein?
Es erzeugt zusätzlich zu G8 bei den Schüler einen solchen Druck, dass es schwierig wird, den Feiertag zu heiligen..
Da ruft die besorgte Mutter an: Meine Tochter kann am Diensttag nicht zum Konfirmandenunterricht kommen. Die muss jetzt lernen. Und ich denke und sage es manchmal  auch: Ja, was muss sie den lernen? Wir proben für das Krippenspiel, wir wollen 300 Menschen an Heiligabend eine Freude machen, üben das Zusammenspiel für eine gute Feier und dann ist sie zweimal nicht da und lässt die Gruppe im Stich, weil sie lernen muss. Sollen wir Weihnachten ausfallen lassen?  „Aber die Schule geht doch vor“, sagt die Mutter, und: „sie muss doch einen guten Abschluss machen für den späteren  Beruf.“
Natürlich, das ist eine Möglichkeit, die Welt zu sehen. Lernen, Schule, Leistung, Druck, Karriere, .... . Aber das ist nicht die einzige Möglichkeit zu leben.  Weihnachten erzählt noch  eine andere Geschichte. Da beruft Gott ein junges Mädchen mit 15 oder 16 Jahren ein Kind zu bekommen und es unter prekären Bedingungen groß zu  ziehen. Nichts ist da, das einzige was sie sicher hat ist ein Krippenplatz. Zur Not kommt vielleicht noch ein Engel vobei oder ein paar zerlumpte Hirten. Doch gerade so  geht von dieser Geschichte, soviel an elementarer Freude aus. Heil und  Leben für alles Volk. Hier ist etwas, von dem mancher auch später noch lange, lange zehrt.
Nirgends erzählt die Bibel, was aus den Hirten von Bethlehem  geworden ist. Aber ich bin manchem Alten begegnet, der erzählt mir, wie er beim Krippenspiel einst einen Hirten spielte und wie tief ihn diese Kindheitserinnerung geprägt hat. Wie gerührt er ist, wenn er seinem Enkel jetzt zuschaut, der die Rolle übernommen hat.  Hier wird der Christ geboren. Hier beginnt  die christliche Welt.
Die ist nicht immer identisch mit alten Kirchenmauern, aber sie, die die sie der Kirche die Treue gehalten haben, sorgen ja dafür, dass in diesen alten Mauer nun wieder Stall und Krippe stehen und hier etwas Neues beginnen kann.
Vielleicht ist unser diesjähriger Weihnachtsengel schon das Modell für die neue Kirche: Die Mutter ist katholisch, der Vater ist Moslem, das Kind ist evangelisch und verkündet  Hirten und Herden:  „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, und die betrifft jetzt alle Leute.“
Damit geht die Weihnachtsbotschaft von Lukas und Matthäus über die alten Sehnsüchte aus dem Propheten Hesekiel  allerdings weit hinaus.  Hesekiel spricht nur zu seinem eigenen Volk. Bei Hesekiel ist noch nicht im Blick, dass in der ersehnten Heimat schon anderes Volk wohnt, mit der gleichen Sehnsucht nach Frieden.  Wer dann dort Siedlungen baut, oder mit Gewalt dorthin zurück will, wo seine Urgroßeltern mal gelebt haben … Nun ja, die Sache verfolgt uns bis heute als schlechte Nachricht aus dem heiligen Land.
Die alte Botschaft des Hesekiel  liest sich aber dann noch einmal ganz anders wenn wir mit dem verheißenen Knecht des Königs David und einzigem Hirten das Christkind verbinden. Christliche Weihnachtsfreude gilt  allem Volk, der Friede Jesu Christi der ganzen Erde. Unser Heiligtum ist die Krippe. Dort im Stall  wohnt Gott unter uns.  Wer zur Krippe kommt ist sein Volk.
Denen sagt er:" Ich will mit ihnen einen Bund des Friedens schließen, der soll ein ewiger Bund mit ihnen sein. Und ich will sie erhalten und mehren."
Es ist unwahrscheinlich, dass der Prophet Hesekiel mit seinem Heilswort schon die Krippe im Blick hatte, aber aus dem Blickwinkel von Stall und Krippe ergibt die alte Botschaft des Hesekiel einen guten neuen und  heilsamen Sinn. „Fürchtet euch nicht … „
Wir brauchen dann  noch nicht mal den demografischen Faktor zu fürchten, die angeblich drohende Überalterung unserer Gesellschaft mit schrumpfender Bevölkerung. Wir erleben es ja gerade, wie die Prophetie zur Bevölkerungsentwicklung kräftig daneben liegt. Schauen wir nur nach Mittelbuchen-West, wie da gebaut wird oder schauen wir auch auf die Warteliste unserer Kinderkrippe.
Gott erhält uns  nicht nur, er mehrt uns auch – sein Volk, und das sind ja auch die Spanier, Griechen,  Italiener ..., junge, kluge und weise Leute, die auf der Suche nach Arbeit hier bei uns eine neue Heimat finden.
Einer von ihnen hat nicht nur zwei Kinder bei uns in der KiTa, er hat uns dieses Jahr auch den Stall zusammen gebaut.  "Den kann man richtig gut gebrauchen," sagt die Küsterin und ich lade ihn mit seiner Familie zu Heiligabend in die Kirche ein: Sie sind uns willkommen.  Willkommen im Stall. So spricht der HERR: Sie sollen mein Volk sein und ich will ihr Gott sein.

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