Geist > Pfingsten
Pfingstpredigt 2015: Gottes Geist für alle Menschen
Apostelgeschichte 2, 1 - 18
Taufspruch aus Apostelgeschichte des Lukas 1,8:
„Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und werdet meine Zeugen sein bis an die Grenzen der Erde.“
2 1 Schließlich kam das Pfingstfest. Auch an diesem Tag waren sie alle wieder an einem Ort versammelt.
2 Plötzlich setzte vom Himmel her ein Rauschen ein wie von einem gewaltigen Sturm; das ganze Haus, in dem sie sich befanden, war von diesem Brausen erfüllt.
3 Gleichzeitig sahen sie so etwas wie Flammenzungen, die sich verteilten und sich auf jeden Einzelnen von ihnen niederließen.
4 Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt, und sie begannen, in anderen Zungen zu lallen; jeder sprach so, wie der Geist es ihm eingab.
5 Wegen des Pfingstfestes hielten sich damals Menschen jüdischer Religion aus aller Welt in Jerusalem auf.
6 Als nun jenes mächtige Brausen vom Himmel einsetzte, strömten sie in Scharen zusammen. Sie waren zutiefst verwirrt, denn jeder hörte die Apostel und die, die bei ihnen waren, in seiner eigenen Sprache reden.
7 Fassungslos riefen sie: »Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden?
8 Wie kommt es dann, dass jeder von uns sie in seiner Muttersprache reden hört?
9 Wir sind Perser, Meder und Elamiter; wir kommen aus Mesopotamien und aus Judäa, aus Kappadozien, aus Pontus und aus der Provinz Asien,
10 aus Phrygien und Pamphylien, aus Ägypten und aus Libyen. Sogar aus Rom sind Besucher hier,
12 Auch Kreter und Araber befinden sich unter uns. Und wir alle hören sie in unseren eigenen Sprachen von den wunderbaren Dingen reden, die Gott getan hat!«
12 Alle waren außer sich und unsicher. »Was will das werden?«, fragte einer den anderen
13 Andere spotteten »Die haben zu viel süßen Wein getrunken!«.
14 Jetzt trat Petrus zusammen mit den elf anderen Aposteln vor die Menge. Mit lauter Stimme erklärte er: »Ihr jüdischen Männer und ihr alle, die ihr zur Zeit hier in Jerusalem seid! Ich habe euch etwas zu sagen, was ihr wissen sollt. Hört mir zu!
15 Diese Leute hier sind nicht betrunken, wie ihr vermutet. Es ist ja erst neun Uhr morgens.
16 Nein, was hier geschieht, ist die Erfüllung dessen, was Gott durch den Propheten Joel angekündigt hat:
7 ›Am Ende der Zeit‹, so sagt Gott,
›werde ich meinen Geist über alle Menschen ausgießen.
8. Dann werden eure Söhne und eure Töchter prophetisch reden; die Jüngeren unter euch werden Visionen haben und die Älteren prophetische Träume. Auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie sollen weissagen.
Lied: Laudate omnes gentes
Herzlichen Glückwunsch, liebe Gemeinde,
Schwestern und Brüder,
Herzlichen Glückwunsch, wir feiern heute Geburtstag. Den 1982 Geburtstag, vielleicht ist es auch schon der 1983. Bei einem so hohen Alter kommt es auf ein Jahr mehr oder weniger ja auch nicht so sehr an. Die Jubilarin ist dabei durchaus lebendig und rüstig und freut sich heute besonders über das junge Leben, das hier spielt. Pfingsten, das ist der Geburtstag der globalen, der weltweiten Kirche. Das Ereignis geschah dort, wo gerade alle Welt versammelt war, zu Pfingsten in Jerusalem. Es beginnt lokal, an einem Ort, mit einer Religion, dem Judentum, und auch nur einem Geschlecht, den Männer. Nur an sie wendet sich die lokal beschränkte Predigt des Petrus, aber da im lokalen beginnt ein globaler Prozess. Gottes Geist für alle Menschen, oder vielleicht noch präziser, die Entdeckung, dass Gottes Geist bereits bei allen Menschen ist. Dass Menschen unterschiedlichster Sprache und Herkunft darauf ansprechbar sind.
Dem einen Geburtstag hier an einem Ort werden dann noch viele Geburtstage an vielen Orten folgen.
Hier in Wachenbuchen etwa feiern wir den Beginn der Kirche hier am Ort traditionell am 2. Wochenende im August, der Kirchweih.
Was lokal beginnt, als sie alle versammelt waren an einem Ort, wird zu einem weltweiten Ereigniss, wiederholt sich an vielen Orten. Ein jeder hört die Botschaft in seiner Muttersprache, erzählt die Pfingstgeschichte.
Lukas, der das alles aufgeschrieben hat, ist dabei heute hier sogar mitten unter uns, jedenfalls dem Namen nach: Luca - Luca Wiener. Und er kommt, wie sich das für die Geschichte gehört aus dem Ausland – aus Hochstadt. In Dörnigheim hat er auch schon gelebt. Die Oma wohnt in Mittelbuchen, die Paten sind ganz aus der Ferne - Aarweiler und Langen. Die religiösen Wurzeln sind katholisch, orthodox, evangelisch und noch mehr. Schon daran merken wir ein Stück des Vorgangs der Globalisierung, von dem die Pfingstgeschichte erzählt und der heute jedes Kind betrifft.
„Wir hören sie in unserer Muttersprache von den großen Taten Gottes reden“, berichtet die Apostelgeschichte von dem Ereignis weltweiter Verständigung. Von Zungenrede, Glossolalie wird berichtet, Dem Lallen, wie ein kleines Kind spricht. Mit seinem Strahlen, mit unmittelbarer Freude, manchmal mit etwas lauteren Tönen. Aber es wird verstanden, sprach-, kultur- und religionsübergreifend, so wie man überall auf der Welt die Sprache eines Kindes versteht, wenn es uns mit kindlichem Urvertrauen begegnet.
Dass Luca jetzt hier ist, spielt, sich freut, zu eurer Familie gehört als kleiner Weltbürger, dass sich in ihm verschiedene Herkunft verbindet – das ist die große Tat Gottes. Eine besondere Nähe zu Pfingsten hat Luca zudem wohl auch in seinem Charakter, so wie ihr es berichtet habt und so wie ich ihn erlebt habe: ein Kind mit Feuer, voller Energie, ein Brausewind, der da also jetzt durchs Haus fegt und auch von euch, liebe Eltern, Geistesgegenwart erfordert.
Heute seid ihr hier mit Dank für die große Tat Gottes, dass er da ist, so munter und lebendig. Dass seine Gegenwart auch das Schwere vergangener Tage vergessen macht. Und wir bitten um Gottes Segen für seinen Lebensweg.
„Was will das werden?“ fragen sich die Zeugen des Pfingstereignisses. Was wird aus dem Kind, das da geboren ist.
In eurem Fall sind alle Voraussetzungen für eine gute Erziehung, für Bildung und Selbstbewusstsein da. Da kann ein starkes Kind heranwachsen, geborgen in der Familie, mit offenem Blick für die Welt und guten Bildungsmöglichkeiten.
Das ist nicht bei allen Kindern so. Nicht jedes Kind kann mit Stolz auf seine Herkunft großwerden. Nicht jeder kann mit großem Selbstbewusstsein auch schwierige Lebenssituationen meistern. Nicht immer sind wir erfüllt von Energie, von Feuer und Geist.
Mancher macht in seinem Leben auch die Erfahrung eines Burnout. Ausgebrannt. Keine Lebenskraft mehr. Den Jüngern Jesu ist auch die Erfahrung einer tiefen Depression nicht fremd.
Zu Pfingsten finden wir sie so: Hinter den Mauern eines verschlossenen Hauses. Abgeschottet und ängstlich. Das hat es auch in der Kirche später immer mal wieder gegeben: Dass man vorwiegend unter sich blieb, im schönen kleinen Sonntagsgrüppchen. Und dann fegt da ein frischer Wind herein, fegt durch das Haus (wie Luca heute hier durch die Kirche).
Dann passiert damals, was heute auch noch in vielen Pfingstgemeinden dieser Welt passiert. Da trauen sich diese ungebildeten Galiläer etwas zu. Die haben nie ein Rhetorikseminar besucht, aber jetzt reden sie, so wie es der Geist ihnen eingibt. Die haben nie Gesangsunterricht gehabt, aber jetzt singen sie aus vollen Herzen. Die sind vorher nie aus ihrem kleinen Dorf in Galiläa herausgekommen, und jetzt stehen sie auf internationaler Bühne beim größten Fest in der Hauptstadt. Die waren tiefste Provinz und bald werden sie in die Metropolen des römischen Reiches weiterziehen, manche auf den Handelswegen andere als verfolgte Flüchtlinge. Doch sie fürchten sich nicht. Sie wissen: Sie finden diesen pfingstlichen Geist überall.
Manche Schriftgelehrten rümpfen die Nase über diese Ungebildeten. „Die haben einfach zu viel getrunken“ spotten sie..
Und dann steht Petrus auf und macht etwas ganz Wichtiges: Er übersetzt die Glossolalie, das kindliche Lallen, in die Sprache der Gebildeten. Er hat in zwei Jahren Grundschule bei Jesus reden gelernt. Er macht dann also das, was ich heute hier auch mache. Er erklärt den Leuten, was hier gerade geschieht. Er hält die erste Predigt der Kirchengeschichte. „Ihr Juden, liebe Männer, so fängt er an. Heute würden da bei einer solchen Anrede gewiss die Frauen protestieren, und das zu Recht. Aber damals galten nur die Männer was. Nur sie verfügten zumeist über den entsprechenden Zugang zu Bildung und Schriftgelehrtheit. Im Tempel mussten die Frauen im Vorhof bleiben.
Diesen patriarchalen Männer legt er ihre eigene religiöse Tradition aus, das was wir heute Altes Testament nennen. Das erklärt er ihnen auf das hin, was da in Jesus Christus zur Welt gekommen ist. und da bringt er dann mit einem Zitat aus dem Propheten Joel die Frauen ins Spiel:
„Am Ziel der Zeit“, sagt Gott,
„werde ich meinen Geist über alle Menschen ausgießen. Dann werden eure Söhne und eure Töchter prophetisch reden.“ Da kommen in einer allzu patriarchalen Religion nun selbstbewusste Frauen ins Spiel. Und die Knechte und Mägde sind genauso geistreich wie die Damen und Herren.
Petrus nimmt in seiner Predigt die halbe alttestamentliche Geschichte auch noch mit auf. Das Neue, das heute Geburtstag hat, ist kein Feind des Alten. Die Alten behalten ihre mit Weisheit gefüllten Träume und das verbindet sich in gutem mit den Visionen der Jungen.
Was hier geschieht, ist die Erfüllung dessen, was Gott durch den Propheten Joel angekündigt hat, predigt Petrus den jüdischen Männer. Damit ist klar, der Prophet Joel und mit ihm das Alte Testament gehört zur christlichen Bibel dazu.
Paulus wird später ähnliches mit den Griechen machen. Die ersten Christengemeinde werden munter aus ihrer religiösen Umwelt all das aufnehmen, was sich mit Glaube, Hoffnung, Liebe verträgt. Sie werden es auf Christus hin deuten. Da wird aus dem ägyptischen Isis-Kult Maria mit dem Kind. Die Taube der römischen Venus wir zum Symbol des Heiligen Geistes. Der Dionysos-Kult begegnet uns wieder im rauschenden Fest bei der Hochzeit zu Kana.
Christlicher Glaube ist kein Feind des Guten aus anderen Religionen. Wer will darf also getrost auch den Koran in die christliche Bibel mit aufnehmen und das Beste aus Hinduismus oder Buddhismus und es aus der Perspektive von Glaube, Hoffnung, Liebe lesen.
Dass da nicht alles gut ist in diesen religiösen Schriften muss nicht verschwiegen werden. Das Judentum hat im Fall des alten Testamens einen Teil der Schriften später selber als apokryph ausgeschieden, nach katastrophalen Erfahrungen damit. Martin Luther hat die Offenbarung des Johannes aus ähnlichen Gründen ans Ende des Neuen Testamentes gesetzt. Nicht alles ist heiliger Geist. Aber die Geschichte von Jesus ist ein guter Maßstab zur Prüfung der Geister.
So wünschen wir heute Luca, dass er wie sein Namenspatron, mit der Kraft des Heiligen Geistes, in der Welt herumkommt. Dass er die großen Taten Gottes in vielen Länder, Kulturen und Religionen entdecken kann und so daraus die spannende Geschichte des Luca Wiener wird.
Vom Ende der Pfingstpredigt des Petrus berichtet die Apostelgeschichte des Lukas:
„Als die Leute das hörten, da ging es ihnen zu Herzen und sie sprachen zu Petrus und den anderen Aposteln. Was sollen wir jetzt tun? Petrus aber sprach: Denkt größer und weiter und ein jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi.“
Ja und das machen wir ja nun auch.
Zuvor aber singen wir den Taufspruch noch mal: EG 132: Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen.
Amen