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Pfingsten 2009 - Euer Herz erschrecke nicht

Liebe Schwestern und Brüder in Jesus Christus, manchmal treffen uns Nachrichten mitten ins Herz. Angst steigt auf und Misstrauen – Unglauben: Kann das wirklich sein? So ist das auch bei den Jüngern, als Jesus seinen Abschied ankündigt.
Zugleich aber weckt er auch Lust auf das Neue, das pfingstlich Neue. Das tröstet über den Abschied hinweg. Hören wir Jesu Wort aus Johannes 14:


Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich!  In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen.
der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles erklären und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.


Liebe Pfingstgemeinde,
57 jähriger Student erschlägt Schwester weil er sein Kinderzimmer räumen sollte, diese bizarre Meldung konnte man diese Woche in der Zeitung von einem Gerichtsprozess lesen. Der Angeklagte berichtete, dass er 30 Jahre studiert habe, zunächst Pädagogik und dann Zahnmedizin. Aber 25 Schüler zu unterrichten war für ihn der reinste Horror. Seine Angst machte die Unterrichtsstunde zu einer Katastrophe.
Zahnmedizin konnte er zwar studieren, aber dann dem Patienten keine Zahnfüllung herstellen, zuviel Angst etwas falsch zu machen.
Als ihn dann sein hochbetagter Vater und seine Schwester im Alter von 57 Jahren aufforderten, sein Kinderzimmer zu räumen, da hat er sie mit einem Beil erschlagen. Aus panischer Angst davor, erwachsen zu werden.
Sicher bizarr und obskur, ein extremer Fall von Schwellenangst.
Nicht immer endet so was mit Mord aber häufig tödlich. Ich denke auch an den Fall des 63 jährigen, der immer noch an der Mutterbrust hing, und als sie ihm die nicht mehr gegeben konnte, da hing er an der Flasche. Dann musste die Mutter altersbedingt aus dem Haus, da hat er sich zu Tode gesoffen.
Schwellenangst.
Es gibt im Leben etwa 6 solcher großer Schwellen. An ihnen lockt die Paradiesesfrucht voller Lust und sie sind gleichzeitig mit Angst besetzt. Da steht der Cherub. Für die einen ein Engel, der Flügel verleiht für die anderen einer mit flammenden Schwert. Hier am Aufgang zur Kirche steh so einer.
Ob ein Mensch über die Schwelle kommt oder hängenbleibt, daran entscheidet sich Heil und Unheil.
Die erste Schwelle ist dabei die Geburt selbst. Mit Schmerzen behaftet, mit Risiken und auch der Gefahr, stecken zu bleiben. Hilfe von außen, ein Kaiserschnitt, ist dann manchmal nötig, damit Mutter und Kind leben können. Das tut weh, aber wenn die Schwelle überschritten ist und das Kind da, ist aller Scherz und alle Angst vergessen, und es ist Freude über das neue Leben.
An Weihnachten feiern wir das Überschreiten dieser elementaren Schwelle. „Fürchtet euch nicht, siehe ich verkündige euch große Freude“, verkündet der Engel dazu und bannt die Angst. „Ihr werdet das Kind in Windeln gewickelt finden“. Und dann kann es sich entwickeln.
Kindergarten, Schulanfang, und dann kommt die nächste große Schwelle. Die feiern wir zu Ostern und zur Konfirmation. Die Kindheit geht zu Ende, die Jugend beginnt. Der 12-järige Jesus setzt sich von den Eltern ab und bleibt allein im Tempel.
Ihr die Konfirmanden, sitzt jetzt am Sonntagmorgen nicht mehr am Frühstückstisch der Familie, sondern trefft euch mit den anderen hier in der Kirche ohne die Eltern. Manchmal aus der Lust, von Zuhause wegzukommen, manchmal geschickt von den Eltern, weil es für die auch noch ein Leben nach der Kindererziehung gibt.
Karfreitag ist dann die letzte schwere Prüfung, aber auch der Zuspruch: „ Du schaffst das“, und dann zur Konfirmation, steht ein neuer Mensch auf, sichtbar hier an der Schwelle des Altars nach der Einsegnung: Nimm hin den heiligen Geist, sagt der auferstandene Jesus dazu und dann ist er da: ein neuer Mensch in neuem Kleid.
Wer Schwierigkeiten hat über die Schwelle zu gehen, für den gibt’s die Konfiteamer, die sind Vorbilder und spielen Hebamme. Sie helfen dir, gut in die Jugend zu kommen. Und dann geht’s rund: 1. Mai, Himmelfahrt, Jugendkonzert des Blasorchester, Jugendtheater beim Kirchentag Rockkonzert der KEWA, so sieht es aus - das Land der Jugend von Wachenbuchen. (und in Hochstadt nicht viel anders).
Heute feiern wir nun die nächste Schwelle: Pfingsten.
Das ist die Geschichte dazu: Jesus, der Meister, der Lehrer ist nicht mehr so leibhaftig da, wie in den Jahren zuvor. Sie können sich an ihn erinnern, sie haben seine Lehre noch im Kopf, aber ihr Herr und Meister hat sich in den Himmel verabschiedet. Nicht wegen mangelnder Liebe zu Ihnen, sondern im Gegenteil, weil er ihnen zutraut nun selbst Meister zu werden und Lehrer für die Völker. Er wird ihnen dabei in himmlischer Liebe verbunden bleiben.
Wie in einem letzten Aufbäumen der Jugend erleben wir die Jünger Jesu zu Pfingsten bei einer berauschenden Feier der Völkerversöhnung. In Glossolallie, in Zungen lallen sie. Einige Gäste, die das Mitkriegen sagen: Tolle Stimmung hier, bei denen, da kannst du einfach mitfeiern, egal welche Sprache du sprichst und wo du herkommst. Andere, die das sehen, sagen: Die haben zuviel gesoffen. Diese Jugend, was soll das noch geben?
Und dann geschieht das eigentliche Pfingstwunder. Diese Jugend besteht nämlich die Feuertaufe. Petrus hält seine Antrittsrede. Ja sagt er, wir sind guter Stimmung, aber nicht wegen dem Wein. Sondern, weil wir eine Vision haben. Die Sache, die da in Jesus Christus da war, der neue Umgang der Menschen miteinander, sein Reich: das ist nicht am Kreuz untergegangen. Sondern jeder von uns, steht jetzt für ihn da.
Und wenn ihr fragt. Was sollen wir tun, dann tut dieses: Denk mal etwas weiter, denkt größer, kehrt mal die Perspektive um und dann lasst euch taufen. Denn mit der Taufe bist du, was Jesus war: König, Priester und Prophet. Ein freier Christenmensch, niemand untertan, aber mit Lust zu Diensten für den Nächsten.

Zur Illustration führt die Pfingstgeschichte uns dann zu einer Schwelle: Der schönen Pforte des Tempels. Da sitzt einer, der kommt nicht über die Schwelle. Gelähmt von Mutterleibe an. In sich verkrümmt – vielleicht der Sünder schlechthin. Denn das meint Sünde ursprünglich: Den in sich verkrümmten Menschen, den der nicht über den Sund kommt, die Meerenge, die zwischen zwei Ländern liegt, der Graben zwischen zwei Lebensabschnitten. Der Sünder, das ist der Baum, der nicht nach oben weiter wachsen kann und dann in sich verkrüppelt. Der bringt es nicht zur Meisterschaft. Ja der, der hier vor der schönen Pforte liegt, der ist noch nicht mal richtig aus dem Mutterleib gekommen. Über 40 Jahre alt und noch ein Embryo. So was soll’s geben. Sitzt am Tor und kommt nicht rein.
Die schöne Pforte markiert die Lust, die mit einer Schwelle verbunden ist: Lust zu leben, Lust an der Jugend, Lust am Partner, ja selbst für die letzte Schwelle des Lebens singt Paul Gerhardt noch: „Welch hohe Lust, welch heller Schein wird wohl in Christi Garten sein“.
Aber kann die Lust auch die Angst besiegen?
Ein offenes und klares Wort sagen Petrus und Johannes dem Lahmen: Steh auf! Im Namen Jesu Christi, steh auf! Und als der immer noch keine Anstalten macht, auf zu stehen, da packen sie ihn. Die schleppen den jetzt mit, über die Schwelle, und dann läuft es, und es geht gar lustig zu im Tempel. .
Das, liebe Gemeinde, sind die Jünger Jesu: Diener der Lust. Einer Lust stärker als die Angst.

Die Pfingstschwelle markiert dabei einen gleich doppelten Übergang:
1. Pfingsten: Die schöne Pforte, das ist das Tor zur Familie. Trauungen sind Pfingstgottesdienste. Und umgekehrt: Wenn ihr heute von diesem Pfingstgottesdienst weg geht, dann macht jungen Menschen Lust, sich zu trauen: Mein Herz, glaub an Gott und glaub an mich.
Die Familiengründung ist heute mit viel zu vielen Ängsten belastet und auch überhöhten Erwartungen. Es muss in der Familie nicht immer so sein wie das die Apostelgeschichte berichtet: „Sie waren ein Herz und eine Seele und hatten alles gemeinsam.“ Das sind die Flitterwochen, die braucht man als gute Erinnerung. Danach aber geraten die Apostel auch mal gewaltig aneinander, Zoff in der Gemeinde, und nicht zu wenig, doch wo man in der Apostel Lehre und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet bleibt, da ist das auch zu brücken.
In der Welt muss in solchen Situation einer dran glauben. Einer muss beim Showdown im Staube liegen. Bei Jesus ist das anders: Der hört einfach nicht auf, an uns zu glauben. Der lädt auch den Sünder ein an seinen Tisch: „Meinen Frieden lasse ich euch.“

2. Pfingsten: Das Tor zum Beruf.
Abitur feiern, Schulabschluss, das wird heute wieder festlich begangen. Leider sind unsere Kirchen in Schulnähe dafür häufig zu klein, manchmal auch zu verschlossen. Aber Abifeiern sind Pfingstfeiern. Jetzt haben die Schüler ihren Abschluss. Sie können selbst zum Meister werden. Dabei geht es gar nicht unbedingt ums Geldverdienen, um Gold oder Silber, es geht um den Eros zu einer Sache, die Lust zum Gestalten, das Feuer des Heiligen Geistes.
Dass das in dir brennt, das ist entscheiden. Deswegen singen wir: Oh heilger Geist kehr bei uns ein.
Mancher, der für seinen Lebensunterhalt kleine Brötchen gebacken oder verkauft hat, entdeckt seine wahre Berufung ja noch ganz woanders und macht himmlische Musik zur Ehre Gottes.
Gut dass ihr da seid, liebe Jugendbläser. Als Jugendlicher muss man sich noch nicht festlegen, aber es ist gut eine Fülle von Möglichkeiten zu haben, was man denn mal werden kann und dann zu schauen: Was macht mir am meisten Spaß? Wo ist die Lust am größten? So groß, dass du die Angst überwindest und gerne erwachsen wirst. Ein Meister in deinem Fach. Damit kannst du dann ein Stück Welt gestalten: Dein Himmelreich.

Das darf und soll auch getrost einmal im Jahr gefeiert werden, als das Fest der Kirche. Kirchweih.
Schon Goethe dichtete als er zur Wachenbücher Kerb ging, (oder vielleicht war’s auch die Hochstädter): „Schon von ferne hör ich das Getümmel, hier ist des Volkes wahrer Himmel.“
Kerbmontag, da wird ein Tag des Berufslebens geopfert für die Gemeinschaft im Heiligen Zelt. Das ist gut so.
So also liegt jetzt eine pfingstliche Zeit vor uns: mit Straßenfest und Kerb, mit bisher 5 Trauungen, Schulabschlussfeiern, Examensfeiern. Wir hoffen bei all dem, dass keiner hängenbleibt und beten heute dafür. Wenn doch, dann braucht es nämlich besondere Tröster: Menschen die wieder Lust wecken und Kraft geben es noch einmal zu versuchen, oder woanders zu versuchen..
Denn das ist doch die Hölle, wenn einer mit 57 als ewiger Student noch im Kinderzimmer hockt, oder nicht von der Mutterbrust los kommt. Die Angst wird übermächtig, weil er ja sieht: Es naht ja schon die nächste große Schwelle: Das Ende der Kindererziehung in der Familie, der Abschied von Beruf. Weh dem, der da noch gar keinen hat.
Es kommen goldene Konfirmation, Erntedank, Herbst des Lebens. Das ist der Punkt, wo im Märchen von den Bremer Stadtmusikanten der alte Esel seinen Dienst getan hat. An seinem alten Arbeitsort weht kein guter Wind mehr für ihn. Aber er lässt sich da nicht zerfleischen, überwindet seine Angst und geht weg - mit der Vision Bremen und der Lust, als Stadtmusikant im Alter noch was Neues zu schaffen. Er wird dabei der Tröster für drei weitere Gestalten in ähnlicher Lage.
Doch das ist jetzt eine andere Geschichte und die soll erst zur goldenen Konfirmation im Herbst erzählt werden.
Bis dahin sei der Friede Jesu Christi mit euch. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.

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